[English version, slightly adjusted (990402)]

Sud-Carolina, den 23. April 1737

In Christo herzlich geliebte Freunde!

Ach wievieles hätte doch mit Euch zu reden, das nicht zu beschreiben ist, aus was Ursach nämlich ich diese weite Reise musste vornehmen, und wie es zuvor, in und nach derselben biss jetz ergangen. Darum muss ich nun in allem kurz die Warheit berichten, wie ichs vor meinem Gott erfahren und finde.

Nachdem wir wegen vielen Hinternussen in Engel- und Holland 23 Wochen auf der Reise und 12 Wochen auf dem Meer gewesen, so sind wir, Gott lob!, alle meistens gesund angelangt den 1. alten Februar und in allem nur 3 kleine Kindlein und 1 Tochter gestorben. Wir haben einen gar guten Capitain und auch gute Schiffleuthe gehabt, die uns noch besuchen. Den 16 und 17ten Jenner hatten wir Tag und Nacht sehr grossen Sturm, dass wir in unserer Schif-Höle sind zugenagelt worden, damit kein Wasser einkomme. Weil unser bis 212 Seelen gewesen und alles sehr eng ware, so gedachten wir, wir müssten ersticken. Und der Capitain sagte uns hernach, wir seyen manstief unter dem Wasser gewesen. So mussten wir aus der Tiefe im Bauch des Meers zum Herren schreyen und die Noht lehrte beten.

Weil unser Pfarrer aus dem Appenzeller-land meistens in des Capitains Zimmer und kranck gewesen, so musste ich Morgens und Abends mit dem Volcke Bätstunden halten. Es wütete zwar der Teufel durch böse Menschen darwieder. Gott aber hat mir armen und meinen 11 Gefehrden glücklich durchgeholffen, dass wir alles in- und aüssen Stürmens, Veränderung der Speys, des Wassers, der Luft ungeacht, wenig kranck und meistens gesund gewesen.

Als wir ankommen, hat uns die Herschaft gleich mit Liebe aufgenommen und die Provision aussgetheilt. Aber unsere Geselschaft hat es verderbt, und ist unter sich uneinig worden. Man schickte Kundschafter aus, die besten Pläze auszusuchen. Dies gab einen langen Verzug, dass die Appenzeller mit 2 Hausshaltungen Tockenburger erst vor 8 Tagen verreist und in 4 Schifleinen nacher Savanat, 190 Englische Meilen weit, abgefahren. 5 Schweizer-Stund von hier ist ein Schiflein mit Provision (darin des H. Pf. Tochterman und Tochter mit ihren und andern Kindern gewesen), gesuncken, dass ihnen das Wasser biss an den Hals gegangen. Doch sind sie, Gott lob! noch alle errettet worden. Die Rheinthaler sind nach Friedensburg und nach dem Port Royal mit gutem Sold als freywillige hier angenommene Burger zur Wacht geschickt worden. Ich habe mich von der Geselschaft los gemacht und werde mit den Meinen hier in der Stille bleiben, biss ich weiss, wohin mich der liebe Gott haben oder wozu Er mich brauchen will. Das Gerücht ergeht, das Land sey einiger Orten uberauss gut, anderwerts schlechter und anterstwo gar schlimm, dass alles in der Erden verbrenne. So muss man alles selbst erfahren. Indessen habe hier ein Zimmer und Garten empfangen, davor alle Wochen 1 Pfund oder 20 Zürcherbatzen bezahlen, und mich durch meine Profession erhalten muss. Was wir vor 7 Wochen gesäet, ist alles schon gross und schön. Flachs, Hanf, Erbsen. Aber durch das gottlose Leben wird das Land unfruchtbar gemacht. Die arme Moren werden als Sclaven von den Christen sehr hart gehalten. Und die Christen geben auch meistentheils Leid! Denen Wilden, die ein ehrbares und stilles Leben fuhren, grosse Ärgernus, durch Geizen, Wuchern. Hätte ich meine Reise nicht mit vielem Gebät angefangen, ich wüsste es nicht ausszustehen.

Sonsten hält die Herrschaft treulich, was sie verspricht wegen der geistlichen und leiblichen Freyheit, auch mit den 50 Jucharten Land. Weil aber die Leute durch Betlen, Untreu, Marckten, Prassen der Herrschaft überlästig worden und nicht gleich zur Arbeit geschritten, so wurde beschlossen, künftighin niemanden keine Provision, sondern nur das Land zu geben, welches ich darum berichte, damit Ihr es in der Schweitz bekandt machet und die arme Leute nicht so übel anlauffen.

Ich bin hier mit vielen Basslern ab der Landschaft bekandt worden und auch mit anderen Schweizern, welche bekennen, dass man die rechte Warheit in der Schweitz nicht wisse. Es sind hier 80 Hausshaltungen, Deutsche und auch Oranienburger, darunter viele arme, welche, weil kein ordentlicher Prediger vorhanden, bei mir angehalten, ich solte bei ihnen bleiben und alle Sontag eine geistliche Übung mit ihnen halten. Ich will sehen, wie es Gott füget. Habe also (so kurz als möglich), Bericht geben wollen. Hierauf seyt, Ihr Lieben, allesamt herzlich gegrüsst und Gott befohlen von

Joh. Ulrich Giezendanner, Goldschmid aussen Dockenb. (Toggenburg)

P.S. Eben ist bei mir die neben mir in einem Höflein wohnende Witwe des Niclaus Dillen, des Schüzen von Brattelen, die lasst Euch herzlich grüssen und bittet, ihr Leute nebst freundlichem Gruss zu berichten, dass sie 15 Wochen auf dem Meer gewesen. Und nachdeme sie 10 Tag in Carlsstatt waren, sey ihr Mann gestorben. Wäre er bei Leben geblieben, so hätte er die Fülle zu verdienen gehabt. 14 Tag vorher seyen ihr auch 2 Kind auf dem Schiff gestorben. Sie werde nun mit den ubrigen 4 Kindem hier bleiben, solang es Gott gefalle. Man solle ihr in Liebe eingedenck seyn.

Elisabeth Meierin war gestern nebst der Schwester bei mir. Sie sind beide hier am Dienst, ihre Fracht abzuverdienen. Sie lassen auch alle herzlich grüssen und bitten um ihre Vorbitte [Fürbitte]. Ich bitte gleichfals, dass man doch für uns und andre arme Seelen kämpfe und berichten wolle, wie es bei Euch stehe, und ob es wahr seye, dass der Kayser und Franzos Euch den Pass gesperet und Ihr mit den Gross-Hüningern geschlagen habet?

Macht die Adresse also:

To Mr Lewis Timothy
Printer in South Carolina
to be left at the Post-Office In Charles-Town

The Giezendanner's joined a party of emigrants from the same general area of
Switzerland and travelled to South Carolina by way of England. A letter
of Giezendanner's to a friend in Basel gives a brief account of the trip
and of his activities prior to settling in Orangeburg.

Joop Giesendanner:
Paravicini is identified as Samuel Parvicini, Pfarrer (Rev) of Rümlingen
Small changes in English translation in
(red)
 
[Giezendanner to Paravicini, April 23, 1737]

"Dearly beloved friend in Christ!

O, I can't describe how much I have to talk about with you - the
reasons for my making this long trip, and what happened before, during,
and after it! I'll have to describe briefly something
(the truth) about it, as I
experienced it and as I see it before God. After we had spend 23 weeks on
the journey - partly due to problems in England and Holland, and 10
(12) weeks
of it at sea - we arrived here the first of February (O.S.), with most of
us, Praise God, in good health. In all only 3 infants and one girl
(daughter) died.
We had a right good Captain and also a good crew, who still visit us.
The 16th and 17th of January we had a great storm, day and night, so we
were nailed into the hold in order to keep the water out. Since we were
212 souls and the space was very small, we thought we would surely die.
And the captain told us afterwards that the ship had been a man's height
under water. So we had to cry to the Lord from the depths in the belly
of the sea, and necessity taught us to pray.
Since our minister from the Appenzell area travelled in the
captain's cabin and was sick
(most of the time), I had to hold prayer services with the
people mornings and evenings. The Devil through evil men raged furiously
against us, but God fortified me and brought my eleven travellers happily
through, so that despite all inner and outer tempests, and changes in
food, water, and air, we were seldom sick and mostly well.
When we arrived, the government received us at once with love
and distributed provisions to us. But our group ruined it and disputed
with one another. Scouts were sent out to spot the best land. This gave
a big advantage. Then only eight days ago the Appenzell people, with two
families from Toggenburg, left in 4 boats for Savannah, 190 English miles
from here. Five hours journey from here one of the boats with provisions
(and with the pastor's son-in-law, daughter, and children) sank so that
they were in water up to their necks. But, Praise God, they all were
rescued. The people from the Rheintal have been sent to Friedensburg and
Port Royal as a volunteer garrison with good pay.
I have separated myself from the group and will remain here in
peace with my family until I know where the dear God will have me or to
what use he will put me. The rumor is that there are some extremely good
parts of the country, others not so good, and some others so bad that
everything is scorched in the ground. One has to learn everything for
himself. Meanwhile I have received a room and garden here for which I
pay one pound or twenty batzen a week. I support myself by my profession.
The crops we sowed seven weeks ago are already nice and high. Flax,
hemp, peas, etc. But because of the godless life here the land will be
made unfruitful. The poor Moors are very severely treated as slaves by
the Christians. And unfortunately, the Christians usually give great
offense to those savages who lead an honest and quiet life, through greed,
usury, etc.
If I hadn't begun my trip with much prayer, I don't know how I
could bear it. Otherwise, though, the people keep their word about
spiritual and physical freedom, and about the 50 jucharten of land. But
since the people become a burden to the government through begging,
dishonest bargaining, and high living, and don't get right down to work,
in the future only the land will be given to them, and no provisions set
aside for them. I report this to you in order that you can make it known
in Switzerland so that poor people won't get off to a bad start. I have
gotten to know many Basel people here in the province, and also many
Swiss, who emphasize that people in Switzerland don't know the real
truth.
There are 80 German families here, and also Orangeburgers,
among them many poor people, who, since they have no regular minister at
the hand, have suggested to me that I stay with them and hold spiritual
exercises with them every Sunday. I want to see what God ordains in this
matter.
Thus I have tried to give a report as briefly as possible.
Heartfelt greetings to you and all your loved ones, and commendation to
God from
John Ulrich Giezendanner, goldsmith from Toggenburg.
P.S.
At present the widow of Nicholas Dillen, rifleman from Bruttelen,
is here. She lives nearby
(next to me) on a little farm. She sends you her greetings
and asks that you greet her people and tell them that it took her fifteen
weeks to cross the ocean and that her husband died ten days after they
reach Charleston. Had he lived, he would have had to earn the balance of
their travel cost. Two weeks earlier two of her children died on board
the ship. She is going to stay here with the remaining four children as
long as it pleases God to let her. One should bear her lovingly in mind.
Elizabeth Meier was here with her sister yesterday. They are
both here as servants in order to pay for their trip. They also send
greetings to all and ask for your prayers. I also ask that you fight for
us and for other poor souls, and I'd like to know how things are with you
and if it's true that the Emperor and the French have blocked the pass
and have defeated you with Gross-Huningers.

Make out the address as follows:

To
Mr. Lewis Timothy
Printer in South Carolina
to be left at the Post-Office in Charles-town"

With this letter, the only known personal document from Giezendanner's hand,
the European phase of his life comes to an end.

Back