Interview vom Januar 1999 in Enschede und Osnabrück

Interviewer: Markus "Maggi" Rehm

Ton: Friso Gentsch

Bolt Thrower stehen für Death Metal in Reinkultur. Mit ihrem unvergleichlichen Sound walzen sie (vor allem live) alles nieder, was sich ihnen in den Weg stellt. Mit durschnittlich über 700 Zuschauern und vielen ausverkauften Shows (Essen war der Hammer!) stehen sie hoch im Kurs. Desweiteren beeindruckt das unkonventionelle Engagement und die Loyalität ihren Fans gegenüber. So manch andere Band sollte sich hier eine Scheibe abschneiden.

Nach alter Tradition und langem Fansein nahmen wir wieder einmal alle Auftritte mit, die in unserer Gegend lagen und führten bei zweien von ihnen ein langes Interview mit Barry (g) und Gavin (g). So manches Anekdötchen traf auf interessierte Ohren...

Wie verliefen die Vorbereitungen auf diese Tour?

Barry: Wir haben geprobt, was etwas ist, das wir normalerweise nicht tun, ha, ha! Wir haben viele neue Songs, die wir für das Mercenary Album aufgenommen haben. Wir möchten einen guten Sound haben und sehr "tight" wirken. Also haben wir mehr Zeit mit Üben verbracht, als wir das sonst tun.

Dave Ingram ist als neuer Sänger und bezahltes Vollzeitmitglied dabei. Außerdem ist das heute der erste Auftritt mit unserem neuen Drummer Alex. Es wird demnach eine wichtige Nacht für jeden von uns werden.

So weit ich mich erinnern kann, startet jede Bolt Thrower Tour hier in Enschede im Atak. Ist das ein ganz spezieller Ort für euch?

Barry: Auf jeden Fall. Wir sind so etwas wie eine Hausband des Clubs. Unsere erste Tour, die wir auf dem Festland bestritten, führte uns hierher. Seitdem kommen wir jedesmal wieder. Wir werden sehr gut behandelt, und zusätzlich wohnt unser Manager auch noch hier.

Wir fühlen uns geehrt, hier spielen zu dürfen und kommen solange wieder her, wie man uns hier sehen möchte.

Hm, ihr scheint wirklich einen besonderen Status zu besitzen, denn das ist das erste Metalkonzert seit zwei Jahren im Atak.

Barry: Oh, wirklich? Schön, daß wir die Chance zu spielen bekommen. Auch heute ist der Laden wieder ausverkauft, hoffentlich bleibt das so.

In Europa zieht ihr grundsätzlich als Headliner durch die Gegend. Warum ist das für euch so wichtig?

Barry: Nun ja, wir wollen eben vor unseren Fans spielen. Die Typen, die uns nicht sehen wollen, bleiben dann zu hause.

Fans, die ein T-Shirt von uns haben wollen, kommen zu unseren Shows. Wir machen nämlich alles selbst. Wir setzen die Tour an, wählen die Supportbands aus uns so weiter. Wir möchten die Kontrolle über alles haben, und die haben wir nur, wenn wir uns um alles selber kümmern.

Was haben wir von der Playlist dieser Tour zu erwarten. Können wir uns auf einige alte Klassiker freuen, wie sieht es z.B. mit "Worldeater" aus?

Barry: Nee, "Worldeater" werden wir nicht spielen, danach fragt uns aber jeder. Das ist ein Song, den wir dort lassen, wo er ist.

Wenn wir ihn spielen, wirkt er wie ein fremdes Stück im Gesamtset. Irgendwie paßt er nicht. Wir haben es schon probiert, aber es haut nicht hin. Das Lied wird ein Klassiker bleiben, und ich denke nicht, daß wir damit Unrecht tun, da wir es seit so vielen Jahren schon nicht mehr spielen. Aber wir spielen "Cenotaph" und lassen den Song in "Powder burns" übergehen. "Embers" gehört ja auch in diese Linie.

Wie bereits gesagt, organisiert ihr die Tourneen selbständig unter dem Namen "Cenotaph Promotion" (Anm.: Unter diesem Namen wurde auch die World Violation Tour '93 von Benediction durchgeführt). Wer macht sich all die Arbeit?

Barry: Das macht Graham hier aus Enschede. Er kümmert sich um die Werbung für die Tour. Natürlich haben wir dafür jetzt auch Metal Blade als Plattenfirma, die gute Arbeit leisten.

Nach welchen Kriterien wählt ihr eure Supportbands aus?

Barry: Wir fragen einfach nach, natürlich sind auch welche dabei, die nicht mit uns touren wollen, aber das ist deren Entscheidung. Meist ist das Interesse aber da, weil unsere Shows in Europa recht gut besucht sind. Wir spielen zwar nicht vor riesigen Mengen, aber mit Hinsicht auf die sinkenden Zuschauerzahlen in diesem Genre sind wir mit einer konstanten Zuschauermenge gut in Rennen.
Außerdem ist es ein Handel unter Bands, es sind keine Manager u.ä. Idioten zwischengeschaltet. Wir wissen, was Bands wollen, und wissen daher, wie man sie auf Tour glücklich macht (Frühstück ans Bett? - Verf.)!

Die üblichen "Pay to Play"-Verträge gibt es also nicht?

Barry: Natürlich nicht! Aber selbstverständlich muß ein Anteil der anfallen Kosten beglichen werden. Ich will hier nicht zu sehr ins Detail gehen, aber wir als Band können nicht für zwei Busse zahlen. Da muß schon einiges bezahlt werden.

Mir ist aufgefallen, daß ihr bemüht seid, sowohl Eintrittspreise als auch T-Shirt Preise so niedrig wie möglich zu halten (Bsp.: T-Shirt ab 15,- , Longsleeve max. 30,-).

Barry: Richtig. Wir sehen keinen Grund für T-Shirts mehr Geld zu nehmen. Schließlich ist so eine Tour in gewisser Weise eine Werbeveranstaltung und sollte letztendlich ihre eigenen Kosten decken. Eine Tournee kostet zwar sehr viel Geld, aber manche Gagenforderungen im Business sind völlig überhöht. Das liegt nicht unbedingt an den Bands. Manager, T-Shirt- Drucker, Copyrights usw., jeder schöpft ein wenig ab, da bleibt für die Band nicht viel übrig. Das treibt die Preise nach oben, denn die Band muß später die Tour bezahlen können!

Wir haben einfach alle Zwischenstufen im Geldfluß weggeschnitten. Wir drucken Shirts selbst. Das ist kein Witz! Die Hälfte der Klamotten unten ist durch unsere persönliche Hand gedruckt worden. Graham hat nämlich so eine Druckmaschine. Gavin und Jo sind vor drei Monaten nach Holland geflogen, um die Shirts zu machen.

Die zweifarbigen haben sie selbst gedruckt.

So hält man die Kosten unten, und das zeigt auch, wie sehr wir alles selbst in die Hand nehmen. Wenn du so willst, ist das eine alte Punk- Einstellung, die wir uns durch unsere Karriere erhalten haben.

Hat das Touren für dich denn überall den gleichen Reiz? Oder gibt es bevorzugte Gegenden oder Länder?

Barry: Wir mögen Europa am liebsten. In gewisser Weise ist es unsere Heimat, wenn du so willst. Amerika war z.B. nie ein so tolles Land zum Touren für uns, man kann auch nicht sagen, daß wir an Konzerten dort interessiert wären. Es ist ein schwieriges Pflaster.

Aber Australien war gut, das hat mächtig Spaß gemacht.

Unsere Lieblingsländer sind aber Holland und Deutschland.

Mit wem wart ihr in Australien unterwegs?

Barry: Ähm, das waren "Armoured Angel".

Wo ihr euch zeitlebens rar macht, sind die Open Airs. Bekommt ihr keine Angebote oder mißfallen euch diese Veranstaltungen?

Barry: Wir bekommen schon Angebote, aber das ist wieder so eine lustige Geschichte um Bolt Thrower. Wir sind einfach seltsamer als jede andere Band. Wenn man uns anspricht: "Hey, spielt doch eine Show bei uns.", heißt es zuerst: "Tja, öhm, ich weiß nicht...".

Ich kann nicht unterscheiden, ob wir zu faul sind oder zu "pussy". Wir planen aber, mehr Open Airs zu spielen. Momentan haben wir Angebote fürs "With full force" und das "Wacken" (letzteres ist mittlerweile bestätigt - Verf.). Die werden wir wohl mitnehmen und dann weitersehen.

Die Sache ist die, daß wir nicht so viel spielen wollen. Wir wollen, daß die Fans zu unseren Shows kommen, die so ablaufen, wie wir es wollen. Kleine Clubs, ausverkauft, alles klappt super, alle haben eine gute Zeit.

Zu einem Festivalpublikum kommt man schlecht rüber, und ich denke, daß wir uns dabei nicht gerecht werden. Aber beim letzten "With full force" ging es ganz gut. Wir werden es wohl noch mal tun.

Ihr wart in den Staaten auch fürs "Milwaukee Metal Fest" geplant, habt dort dann aber doch nicht gespielt.

Barry: Ja, stimmt. Die Strecke war einfach zu lang zu fahren. Wir sollten eine halbe Stunde spielen, die Anfahrt hätte 28 Stunden gedauert! Und das ganze wieder zurück zum nächsten Auftritt! Bei so vielen Bands, die dort auftreten, hat man uns auch nicht vermißt. Benediction, die gerade mit uns unterwegs waren, haben den Weg gewagt und drei Songs gespielt. Unsere Entscheidung war also richtig.

Außerdem hätten wir nach Slayer in einem kleinen Zelt spielen sollen. Das geht doch nicht...

Habt ihr eigentlich jemals für "In battle there is no law" getourt?

Barry: Nein, zumindest nicht in Europa. In England gab es einige Konzerte, auf denen wir einiges an praktischer Erfahrung sammeln konnten. Wir waren mit Cerebral Fix unterwegs, wenn du dich an die erinnern kannst? Sie waren mit uns auf einem Label. Gute Musik, die sie damals machten.

Alles wirkte frisch, keiner wußte so recht, was für Musik man nun eigentlich spielte. Es gab keinen definierten Death Metal oder Punk Metal, man hat einfach 'nen Song gemacht. Die Einflüsse stammten von Discharge und Slayer, und so hat es sich entwickelt.

Ich habe mir mal Gedanken über eure bisherigen Touren gemacht. Faß doch bitte deine Eindrücke, speziellen Erinnerungen und Erfahrungen zusammen. Los geht es mit der Grindcrusher Tour mit Morbid Angel, Napalm Death und Carcass.

Barry: Das war gut. Man kann nicht leugnen, daß das eine brilliante Tour war, und wir waren dabei. Diese Musik kam zu der Zeit in England groß raus und wurde im staatlichen Fernsehen gefeatured. Für den Sound etwas außergewöhnliches von Seltenheitswert. Alle Radiosender und Fernsehstationen wollten wissen, was die Leute an dieser Musik mögen. Natürlich war es eine neue Mode.

Die Zeit war interessant, die Hallen und Zuschauermengen groß. Morbid Angel waren klasse, absolut phantastisch.

Wie findest du deren neues Album?

Barry: Ich habe es noch gar nicht gehört. Earache senden uns keine Promos mehr, seitdem wir nicht mehr dort unter Vertrag stehen. Das ist auch nicht meine Lieblingsmusik, die ich mir durchgehend anhöre. Das ist nichts gegen die Jungs, das sind phantastische Leute.

Als damals "Altars of Madness" herauskam, hat es mich umgehauen. Diese Platte steht heute für mich auf einer Stufe mit Slayer's "Reign in blood".

Als nächstes kam die Tour mit Pestilence, Nocturnus und Autopsy.

Barry: Die war auch gut. Sie führte uns vor allem durch Holland und Deutschland. Von den deutschen Daten haben wir aber nicht viele mitspielen können, da Morgoth dort auf dem Billing standen.

Auf der Tour haben wir Martin van Drunen und auch den Rest der Pestilence-Leute kennengelernt. Und die Jungs von Autopsy, na ja, sind ein eigener Schlag von Leuten. Sie waren so "laid back".

Das aufregendste waren die Hotelzimmer, da hatten wir immer viel Spaß. Wir haben also nicht in den Coaches gepennt. Man spielte seinen Gig, fuhr zum Hotel und feierte. Sehr witzig und unsere erste größere Europatour.

Dann ging es mit Asphyx und Benediction durch die Gegend.

Barry: Das war unsere erste Headlinertour. Im Rahmen unserer Kostenminimierung erinnere ich mich noch gut an die Mentalität damals. Wir mieteten drei Wohnmobile und fuhren damit durch die Gegend. Das war schrecklich, da es gefroren hat und stank, ha, ha! Eines Tages haben wir dann unseren Shirt- Verkäufer verpaßt, der dann mitten in der Tour nach hause gefahren ist, so'n scheiß, ha, ha! Aber den Bands hat es gefallen.

Die Camper haben wir selber gefahren. Wieder mal eine tolle Tour ohne schlechte Erinnerungen.

Wirklich? Ich weiß, daß ihr in einen Unfall verwickelt wart, bei dem euer Roadie Michael Hall starb.

Barry: Oh, oh, ja, das war auf dieser Tour, ja. Scheiße, das war im Osten Deutschlands. Das hatte ich vergessen.

Sein Spitzname war "Spike". Wir reden noch recht viel über ihn. Wenn ihr könnt, dann spielt doch was von "The Clash", seiner Lieblingsband. In England gibt es jetzt ein Label namens "Stay free" (oder so - Verf.), das von Spikes Freunden geführt wird.

Es folgte die Tour mit Grave und Vader.

Barry: Jau, die erste Tour mit Bus. Die Sache mit den Campern habe ich ja erläutert. Es war auch für die Bands zu stressig.

Sie hat uns einiges an Sorgen bereitet, da es ein Glücksspiel war, als kleine Band einen Doppeldecker für 18 Personen zum Preis von 17.000 £ zu mieten. Das war schon ein großer Schritt. Aber es hat gut geklappt. Das Package war sehr stark, Vader hatten ein sehr gutes Album draußen. Wir waren in neuen Ländern wie Polen.

Ihr wart im folgenden mit Cemetary und Brutality unterwegs.

Barry: Ziemlich ungewöhnliches Package. Da ist nicht viel passiert, wir haben uns gut mit Mathias von Cemetary angefreundet, jetzt heißen sie ja Sundown. Es war vielleicht die Tour, die man am ehesten vergessen kann. Es liegt nicht daran, daß etwas nicht passierte, es war nur nicht spektakulär.

Meist erinnert man sich an ein spezielles Ereignis, aber hier gab es einfach keins.

Die letzte Europa Tour habt ihr mit Sentenced, Power Of Expression und den Varukers bestritten.

Barry: Die hat mir viel Freude bereitet. Power Of Expression sind großartig, ich finde ihre Musik total gut, sie ist vor allem live unglaublich.

Das ganze war ja mehr als Festival geplant, indem wir einige lokale Supportbands auftreten ließen und die Entrittspreise sehr niedrig hielten. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Stuttgart war eine der außergewöhnlichen Shows, total voll. In Berlin im SO36 war auch geil, keine Beschwerden.

Gavin hat früher bei den Varukers gespielt, ist das richtig?

Barry: Ja, in den frühen 80ern hat er einige Shows mit ihnen gespielt. Das war zur Discharge und Exploited Zeit.

Auf dieser Tour hattet ihr eine sehr ungewöhnliche Playlist, findest du nicht. So manche Kamelle wurde ausgegraben.

Barry: Ha, ha, findest du? Wir haben einfach eine Mischung unserer Alben gespielt, da wir keine Platte neu auf dem Markt hatten. Wir haben die Tour nur gemacht, um uns selbst zu promoten. Ab der Warmaster war eben alles gleichmäßig vertreten.

Ihr habt die Staaten dereinst mit den White Metallern Believer und Sacrifice unsicher gemacht.

Barry: Gute Tour, wir haben uns dort einen Bus vom Toursupport gekauft, der sofort in der ersten Nacht den Geist aufgab, ha, haa! Wir sind dann mit einem Van zu den Auftritten gefahren und anschließend zurück zum Bus zum Schlafen, ha, ha! Das waren jeweils über 100 Meilen!

Das war sehr hart und dauerte ca. zwei Monate. Ich glaube, jeder war froh, als sie endlich zu Ende war. Im Anschluß habe ich in Florida Urlaub gemacht, den ich nicht mal genießen konnte. Ich wollte nur noch nach Hause. Meine Freundin hat es gehaßt, weil ich so mies drauf war und immer heim wollte.

Die einzige andere US Tour, die mir einfällt, wäre die mit Benediction, die ihr dann abgebrochen habt.

Barry: Ja, nach ungefähr der Hälfte. Ich kann nicht die richtigen Worte wählen, weil ich in eurer Sendung nicht fluchen will, aber diese Tour war Murks. Es lief so schlecht, da es für die Band viel zu stressig war, Earache gaben uns keine Unterstützung. Karl und Whale hatten dann die Nase voll von dem ganzen Mist mit Label und Touring, was sich dort zeigte.

Wir beschlossen dann, den Trip abzubrechen und nach Hause zu fahren.

Erinnerst du dich noch an euren besten und schlechtesten Auftritt?

Barry: Ich bemühe mich, die schlechten Aufritte schnell zu vergessen. Eine der besten Shows, die mir noch im Hirn hängen, ist der Auftritt im Berliner Huxley's, als wir zum ersten Mal mit dem Bus mit Vader unterwegs waren. An dem Abend war ich krank und war nur zum Soundcheck in der leeren Halle und habe mich dann wieder hingelegt. Irgend jemand sagte dann noch, daß die Tickets sich ganz gut verkaufen, so um die 1300. Ich sagte: "Hm, hört sich ja ganz gut an."

Ich habe mir gar nicht vorstellen können, wie so ein Publikum von der Größe her aussieht. Ich stand also auf, schleppte mich zur Bühne und schnallte die Gitarre um. Das Intro fing an, ich stieg auf die Bretter und es gab ein donnerndes Brüllen. Die Spots gingen an und ich sah jeden die Arme hochreißen. Ich wurde völlig weggeblasen, ein irres Gefühl! Das war vielleicht nicht der beste Auftritt, wohl aber einer der erinnernswertesten Augenblicke.

Was wäre abgesehen von finanziellen Schranken für einen perfekten Auftritt nötig. Pyros? Explosionen?

Barry: Das teuerste wäre wohl, wenn niemand aus der Band, Crew und den Caterern irgendeinen Handschlag tun müßte. Einfach nur einstöpseln und den besten Gitarrensound des Planeten bei jedem einzelnen Auftritt zu haben. Das täte mir gut!

Und Hotels auf Rädern! Entspannen, im Wechsel Show und Day Off. Das wäre unter normalen Umständen einfach zu teuer.

Auf jeder Tour bis auf dieser habt ihr ein Shirt mit exakt gleichem Styling verkauft, dem Schädel mit den zwei Hörnern. Was steckt dahinter?

Barry: Das mit dem seitlich senkrechten Schriftzug (fummelt sich am Shirt rum - Verf.)? Das sollte heute eigentlich auch zu haben sein. Es geht auf unsere Kappe, daß es nicht aushängt. Die Designs sollten vor sechs Wochen zu Graham geschickt werden, wir haben es aber erst gestern gefunden. So blieb keine Zeit, noch welche zu drucken.

Es ist ein sehr beliebtes Design und wir haben immer viele davon verkauft. Man sieht auch des öfteren, daß andere Bands es auf Photos tragen. Es unterscheidet sich von den meisten Shirts, es hat ein anderes Logo. Das Bild nebst Schriftzug war das Cover unseres ersten Demos, daher hat es bis heute überdauert. Auf dem Tape war es schwarz auf weiß, wir haben es umgekehrt, also weiß auf schwarz, auf Shirts drucken lassen.

Dieser Schädel taucht noch des öfteren in eurer Geschichte auf. Man sieht ihn auf der Flagge auf dem Cover von "In battle there is no law", als Krieger auf dem "Warmaster"-Cover, als Gravur im Nord- und Südpfeil des Auges auf "IVth Crusade", als Texthintergrund auf "For victory" und als backdrop im "Mercenary" Booklet. Gehörnte Schädel finden sich auch auf den Covern der "Cenotaph" und "Spearhead" MCDs.

Barry: Ja, er wird für alles verwendet, was wir so machen. Diesmal haben wir es im Streß mit der Tour einfach vergessen.

Ein weiteres typisches Symbol ist das Auge mit den Pfeilen. Was symbolisiert es?

Barry: Das ist das Auge des Chaos von den "Realms of Chaos". Das Album wurde ja von Games Workshop designed. Und sie nutzten es als Symbol für das Chaos, wir haben nur das Auge reingebracht. "Through the eye of terror" heißt ein Songs auf der "Realms of Chaos".

Wir mögen das Design. Aber da es von Games Workshop stammt, hatten wir keine Rechte daran. Für "Warmaster" haben wir es dann verändert. Und so weiter und so fort auf den nächsten Platten. Auf den neuen Shirts sieht es wieder anders aus.

Kommen wir mal auf euren Fanclub "Worldeaters" zu sprechen. Was bietet er seinen Mitgliedern?

Barry: Das war eher ein schlechtes Abenteuer unsererseits. Es kam nie richtig ins rollen, da wir oft unterwegs waren. Die Leute, die sich darum gekümmert haben, konnten es nicht in dem Maße betreiben, wie wir es für nötig hielten. Also beendeten wir es.

Es war eins der Dinge, die wir nicht notwendigerweise nötig hatten. Wir hatten für einige Zeit auch eine Website. Damit gab es dann auch Probleme, sie vernünftig zu führen. Wenn wir zurück sind, werden wir uns darum kümmern. Momentan findet man nur ein "under construction" Zeichen, he, he. Das wird dann aber die Stelle sein, an der man herausfinden kann, was bei uns angesagt ist.

Es ist wieder dieser Zwiespalt zwischen viel Arbeit und Selbsteinsatz und Kontrolle über die Dinge, der hier auftaucht.

Euer Merchandise wird oder wurde über Millenium Merchandise vertrieben. Was verbirgt sich dahinter?

Barry: Das war ein Name, den Karl sich für die Merchandise Sache überlegt hatte. Mittlerweile wird das alles von Graham erledigt. Hinter der Adresse versteckte sich einfach nur Karl.

Es wird Zeit, zu euren Veröffentlichungen zu kommen. Vielleicht gibst du jeweils einen Kommentar ab und sagst etwas zu den Verkaufszahlen.

Barry: Über die verkauften Platten habe ich keine Ahnung. Echt, das meine ich ernst!

Oh, nun gut. Lassen wir sie weg und starten mit dem "In battle there is no law" Demo.

Barry: Rauh, total rauh mit schrecklichem Gitarrensound. Aber es hat einige neugierig auf uns gemacht. Viele wurden nicht verkauft, wir haben vielmehr getauscht. In erster Linie war es für uns bestimmt. Es wurde nie zu irgendwelchen Labels geschickt.

Euer zweites Demo hieß "Concessions of pain".

Barry: Ja, das hatte eine deutlich bessere Qualität. Wir sind dafür in ein schönes Studio gegangen und haben uns mehr Zeit genommen. Wir wußten trotzdem nicht genau, was wir taten. Zumindest konnten wir unsere Instrumente nicht vernünftig spielen.

Mit dem Tape wurde John Peel auf uns aufmerksam, dem wir das Band schickten. Wir hielten es für gut genug, es ihm zukommen zu lassen. Wenn du etwas aufnimmst, denkst du nun mal das es super ist, wenn du jung bist. Da kann es sich ruhig wie ein Furz anhören. Es bedeutet dir einfach alles. Er hat also ein Tape bekommen und lud uns tatsächlich zu einer Radiosession ein.
Das war also ein gutes Demo für uns, das uns in England bekannt gemacht hat. Durch diese Radio1 Session haben wir sogar unseren Deal bekommen.

Das Album hieß dann wie das erste Demo "In battle there is no law".

Barry: Wir haben eigentlich keinen Vertrag mit Vinyl Solution gehabt, sie wollten nur schnell ein Album von uns. Das lag eben an der Radiosession, die übrigens dreimal wiederholt wurde. Es sollte herauskommen, als wir den Hörern noch in Erinnerung waren.

Wir haben alles an einem Wochenende live eingespielt. Sehr punkig. Es war eine schreckliche Aufnahme, aber es hat Spaß gemacht, ha, ha! Hey, wir sind eine Band! Wir haben ein Album! Ha, ha!

Aber einen Vertrag haben wir nie unterzeichnet. Nicht, daß wir das nicht wollten. Wir hatten nur nie die Gelegenheit dazu. Vinyl Solution hat nur das Geld interessiert, daß sie mit der Band machen konnten. An der Band selbst waren sie nie interessiert.

"Realm of Chaos" kam dann bei Earache heraus.

Barry: Wir dachten, daß wir bei Earache besser aufgehoben wären. Sie hatten Carcass und Napalm Death und boten mehr an Promotion auch über die Grenzen hinaus. Wir haben für zwei Platten unterschrieben. Wir arbeiteten mit Games Workshop zusammen, da sie ein Spiel gleichen Titels vertrieben haben. Sie wollten daher mitmachen.

Das Spiel basiert auf Warhammer 40.000, einem Rollenspiel.

Ist das gleichzeitig auch ein Hobby von euch?

Barry: Gavin und auch Whale und Karl haben sich sehr damit beschäftigt. Aber ich hatte nie einen Hang dazu.

Aber das Artwork ist geil.

Eure drei Peel Sessions wurden dann auf einer CD veröffentlicht.

Barry: Sie haben verschiedene Qualität. Sie wurden live eingespielt und wir hatten kein gutes Equipment. Wir waren eher eine Punkband, die dem "Plug & Play" folgte. Sie sind Teil unserer Geschichte und bringen uns Erinnerungen zurück. Ein Sammlerstück sind sie meiner Meinung nach aber nicht.

Ihr habt die CD einem gewissen Scott gewidmet. Wer ist das?

Barry: Scott Taylor ist tot. Er war auf unserer ersten Europatour mit uns unterwegs. Leider beging er Selbstmord, nachdem wir ihm die Platte gewidmet hatten. Natürlich war das nicht der Grund!! Er hatte eben einige Probleme, mit denen er nicht umgehen konnte.

Er war ein guter Freund der Band.

Ein Song der Peel Sessions wurde nie regulär veröffentlicht und heißt "Domination". Warum habt ihr ihn unter den Tisch fallen lassen?

Barry: Wir haben ein Teil davon in einem anderen Song verwendet, aber frag mich nicht in welchem. Der Song lief irgendwie nicht. Jedesmal wenn wir ihn spielten, wußten wir nicht so recht, was wir da taten. Also haben wir das beste daraus genommen und in einem anderen Song verarbeitet. Jetzt wo du es sagst, ist es glaub ich der Anfang gewesen, der verarbeitet wurde.

Was genau war John Peels Job, und warum mußtet ihr diese Sessions aufnehmen. Ihr hattet doch fertiges Material.

Barry: Radio1 lädt Bands ein, um etwas aufzunehmen, was vielleicht anders als auf dem Album ist. Sie mögen einfach, verschiedene Versionen zu haben. Das ist auch die einzige Möglichkeit für sie, vier Songs einer Band pro Sendung zu spielen. Auf diese Weise wird es zu einem speziellen Ereignis.

Viele große Bands haben das schon gemacht, ein Beispiel wären UB40. Wir fühlten uns also sehr geehrt. Mit John Peels Hilfe wären wir vielleicht nie gesignt worden und wären vielleicht nicht hier.

Die Peel Sessions erschienen über Strange Fruit Records. Davon habe ich zuvor nie gehört.

Barry: Dieses Label hat einen Deal mit BBC Radio1 abgeschlossen, um die Aufnahmen veröffentlichen zu können. Solange sie die Zusagen der Bands oder Labels haben, können BBC somit alles an Sessions veröffentlichen. Für Promotionzwecke ist BBC1 eine der größten Plattformen in England. Kein Label würde ablehnen, die Live-Sessions zu veröffentlichen.

Als nächstes kam dann die "Cenotaph" MCD.

Barry: Du weißt ja mehr als ich selber, ha, ha.

Tja, Cenotaph ist einer unserer Klassiker. Zu dem Song gibt es auch ein Video, das einzige richtige Video, daß wir je drehten.

Es war einfach eine 12", die passend zur Tour herauskam.

Der dritte Longplayer "Warmaster" folgte kurz darauf.

Barry: Der Klassiker für mich! Da wußten wir richtig, was wir taten. Uns war klar, wohin wir wollten. Zuvor haben wir eher versucht herauszufinden, was wir werden wollen. Das haben wir hier geschafft. Der Gitarrensound paßte zu unseren Vorstellungen, besser als zuvor. Auch die Produktion von Colin Richardson war besser. Wir waren bei ihm in den Slaughterhouse Studios. Er produzierte die alten Sachen von Discharge.

Es war ein klassisches Punk- Studio mit phantastischem Sound, und alles lief super. Das war eine tolle Zeit während der Aufnahmen. Das ist eines der besten Alben, die wir je gemacht haben.

Was fällt dir zum "IVth crusade" ein?

Barry: Die Scheibe hätte besser sein können, wenn wir Mix und Aufnahmen an einem Ort durchgeführt hätten. Wir waren in den Sawmills unten in Cornwall. Die Sawmills liegen mitten im Nirgendwo, mit einer kleinen eigenen Insel. Du kannst abends nirgends hingehen, es gab nur eine Eisenbahnstrecke, ha, ha.

Das Equipment kam aus den 70ern und lieferte einen richtig fetten Sound. Die Gitarren wurden draußen im Schuppen aufgenommen, die Leads dann wieder drinnen.

Colin sagte aber, daß es besser wäre, den Mix in einem mehr automatisierten Studio zu machen. Die Aufnahmen also im Retro-Stil, den Mix dann modern. Aber das hat nicht hingehauen. Leider konnten wir nicht noch mal neu mixen, da das zu teuer gewesen wäre.

Ihr habt dann im Anschluß die "Spearhead" MCD veröffentlicht.

Barry: Das fand ich eine gute Sache. Der Song war in längerer neun Minuten Version enthalten. Das war mal was anderes für uns, mit viel Schlagzeug in der Mitte und so. Einige finden das langweilig, aber wir wollten einfach mal ein langes Stück haben. Die Drums hämmern für drei Minuten einfach toll, da kann man mal eben einen Saufen gehen und kommt dann zurück.

Welche Version ist die ursprüngliche?

Barry: Die kurze war die erste Version. Aber weil dort die Drums herausfaden, dachten wir: "Ach, laß uns doch weiter spielen." Und so haben wir es gemacht, ha, ha.

Weiter geht's mit "For victory".

Barry: Da ist verwirklicht, was wir schon zuvor wollten. Aufgenommen und gemischt in den Sawmills. Der Sound ist phantastisch, 100% Bolt Thrower, massenhaft Gitarre! Colin hat das Mixen gar nicht gefallen, da unsere Ideen nicht mit seinen Vorstellungen übereinstimmten. Das hat zu einigen Spannungen geführt, und es zeigte sich schon dort, daß es wohl die letzte Zusammenarbeit mit ihm sein würde. Er hat richtig erleichtert ausgesehen, als wir fertig waren. Ich sage erleichtert, also nicht fröhlich über eine tolle Leistung oder so. Mehr dankend, daß es vorbei ist.

Er hatte zu der Zeit auch persönliche Probleme, und da war diese Situation nicht gerade zuträglich. Vieles lief nach unserer Schnauze. Wir wollen dies, wir wollen das, und so. Aber es ist ja auch unsere Musik. Er hatte nun mal auch Ideen, aber wir wollen niemanden, der uns Ideen gibt. Wir sind Bolt Thrower, wir wissen, was wir wollen.

Aber nicht das wir Probleme mit ihm hätten. Für das neue Album haben wir ihn auch gefragt, denn es ist ja mittlerweile eine Tradition mit Bolt Thrower und Colin Richardson, aber er hatte kein Interesse. Wie es jetzt lief, wirst du mich ja vielleicht noch fragen, he, he?

Tja, du sagst es. Wir kommen zu "Mercenary"!

Barry: Tja, Colin Richardson wollte die Platte nicht mit uns aufnehmen, ha, haaa! Er wollte lieber seine Interessen weiterverfolgen. Aber seine neuen Produktionen sind von der Musik her Mist. Erst sagte er zwar zu, dann lehnte er ab, viel hin und her.

Wir dachten uns dann, wer kennt unsere Musik besser als wir selbst? Also haben wir uns nur einen Engineer namens Ewan Davis genommen und sind ab ins Studio. Er hatte schon zuvor mit Colin gearbeitet und kannte die Techniken für einen guten Gitarrensound. Aber der stammt genaugenommen natürlich von uns selbst, und er hat ihn nur umgesetzt. Mit Ewans Hilfe kann sich das Ergebnis sehen lassen. Wir hätten vielleicht mehr Gitarren bringen sollen. Der Grund dafür, daß sie so weit zurückgenommen wurden, war einfach der, daß wir Angst hatten, daß sie zu sehr im Vordergrund sein würden.

Colin hielt uns damit nämlich immer zurück und sagte, wir hätten zu laute Klampfen. Wir haben dann immer ein wenig zurückgesteckt, aber diesmal hat uns niemand gewarnt. Aus Furcht davor, daß wir mal wieder übers Ziel hinausschießen, haben wir uns zurückgehalten. Hätten wir's man nicht getan.

Ich finde den Sound an sich deutlich schwächer als auf "For victory".

Barry: Toll, vielen Dank! Ha, ha.

Es klingt viel mehr wie eine Mischung aus "IVth crusade" und "For victory".

Barry: Er ist sehr geglättet und hört sich sehr professionell aufgenommen an. "For victory" war dagegen richtig massiv! Acht Gitarren übereinander hauen dich bei "Remembrance" um! Leider hat's diesmal nicht so gut geklappt, aber wir lernen aus unseren Fehlern. Vielleicht gehen wir wieder ins Sawmill. Aber deren Preise haben sich verdoppelt, seit sie die letzte Supergrass produziert haben. Daher konnten wir uns das diesmal auch nicht leisten.

Earache haben gerade die "Who dares wins" Compilation veröffentlicht. Wie stehst du dazu?

Barry: Sag mal, glaubst du, daß irgendein Bolt Thrower Fan glaubt, daß wir so etwas veröffentlichen könnten? Wir würden nie eine Compilation rausbringen.

Nur einige rare Stücke darauf könnten reizen.

Barry: Ja, aber das ist doch nur ein Abkassieren. Earache haben uns seit drei Jahren keine Royalties gezahlt!! Sie ziehen ihre Bands ab! Das nervt mich, ich bin froh, sie los zu sein (würgt Schleim hoch und spuckt verächtlich aus - Verf.)!

Die ersten Kopien von "For victory" enthielten eine Bonus Live CD. Warum?

Barry: Wir wollten die Bootlegs stoppen, mit denen wir einige Probleme hatten. Es gab dubiose Veröffentlichungen auf Headache Records. Du hast sicherlich davon gehört. Das war ein totales Mistding von LP in beschissener Qualität. Also haben wir selbst etwas aufgenommen. Mit einem 8-Spur Gerät haben wir in Manchester einen Gig mitgeschnitten und den gab es dann umsonst dazu. Dadurch braucht dann niemand einen teuren Bootleg zu kaufen. Diese Schrottdinger werden zu irrsinnigen Preisen verkauft.

Weißt du denn, wer hinter Headache Records stand?

Barry: Wir haben einige Hinweise, denn wir haben auf unserer letzten Tour einige Büros gestürmt. Diese Leute wissen schon bescheid. Wir haben viele Platten beschlagnahmt, die Namen brauche ich aber nicht zu nennen.

Ich habe gehört, daß Nuclear Blast darin verwickelt waren. Ist da etwas dran?

Barry: Nein.

Wie steht es um die Gerüchte, daß ihr auch in Plattenläden aufgekreuzt seid und aus den Bootlegs Kleinholz fabriziert habt?

Barry: Ja, einige Läden haben wir "besucht" aber nichts zerbrochen. Die Dinger haben wir einfach mitgenommen, egal ob jemand gemeckert hat. Für die Fans wäre es eine gute Sache, wenn die Teile billig wären. Eine Produktion muß dabei doch gar nicht bezahlt werden. Wenn so eine Platte aber doppelt so teuer wie ein Album ist, dann hört's auf! Außer den Vertreibern hat niemand etwas davon, weil die Aufnahmen total mies sind.

Für 10 Gulden wäre ja alles ok, dann verkauft die Dinger.

Außer auf "In battle there is no law" habt ihr nie eine Thankslist im Booklet gehabt. Warum?

Barry: Es gab so viele Leute, die sagten, daß sie in der Liste fehlen würden, ha, ha. Damit hatten wir so viele Probleme, daß wir das nie wieder gemacht haben. Wem wir danken, dem sagen wir das persönlich.

Auf den letzten beiden Platten sieht man nicht mal mehr ein Bandphoto. Ihr seid doch eigentlich nicht allzu häßlich.

Barry: Wir mögen das nicht so, wir sind nicht photogen, hä, hä. Außerdem hatten wir nie ein festes Line-Up.

Vielleicht noch einmal zurück zu "Realm of Chaos". Ihr habt einmal den Kommentar abgegeben, daß die Scheibe mit Spaghetti-Saiten aufgenommen wurde.

Barry: Was wir damit meinten, waren die extrem heruntergestimmten Gitarren, die man gar nicht mehr vernünftig spielen konnte. Das war die Verbindung zu den Spaghettis, denn mit Gitarrensaiten hatten sie nicht mehr viel zu tun, sie hingen einfach herunter. Daher haben wir auf C hochgestimmt, anstatt auf B zu bleiben. Crowbar z.B. spielen auf B, wie wir damals.

Hier endet aus Zeitgründen der erste Teil des Interviews, da Bolt Thrower so langsam auf die Bühne mußten. Weiter geht es am 25.1. im Works in Osnabrück, wo wir uns mit Gavin unterhielten. Nach knapp drei Wochen ohne Day-Off war dieser zwar etwas wortkarg, was bei der Länge des Interviews aber nicht weiter schlimm ist.
Wir kamen auf die Worldeater, Cenotaph, Embers und Powder Burns Serie zu sprechen, die auf "For victory" unterbrochen wurde. Für Unwissende: Alle diese Songs basieren auf ein und demselben, nur leicht abgewandelten Grundriff.

Gavin: Ja, auf "For vitory" haben wir die Serie unterbrochen, doch auf "Mercenary" geht es ja weiter. Wir hatten zu der Zeit vielleicht einfach nicht den Song, der als Fortsetzung getaugt hätte. Jetzt haben wir die passende Verbindung eben gefunden.

Nimmt man sich z.B. Worldeater und Cenotaph textlich vor, stellt man fest, daß die Texte sich sehr ähneln ("You stand alone, the final parody..."; "Alone you stand, the final parody..."). Auch in anderen Songs tauchen typische Phrasen öfter auf ("no compromise", "marching onwards"...). Liegt das an zu wenig Ideen oder beabsichtigt ihr, auf diese Weise gewisse Merkmale zu bieten?

Gavin: Es ist ein Erkennungszeichen und dient ebenfalls dazu, bestimmte Songs miteinander in Beziehung zu setzen. Wir hatten jede Menge Material zur Auswahl, haben aber nur das genutzt, daß uns gefiel.

Wie entsteht ein typischer Bolt Thrower Song denn?

Gavin: Zuerst kommt das Hauptriff, dann entsteht die Struktur des Songs durch Baß und Schlagzeug. Anschließend folgen Soloeinlagen und Texte. Das ist der Punkt, an dem wir entscheiden, ob wir am Song weiterarbeiten oder ihn lieber fallenlassen.

Wenn z.B. die Texte nicht vernünftig zum Song passen wollen, streichen wir das Stück und benutzen die besten Teile in einem anderen Song. So entsteht dann der erste Song für ein neues Album, und auf diese Weise arbeiten wir bis zum zehnten weiter. Danach gehen wir zum ersten zurück und überarbeiten ihn erneut und so weiter. Das Ganze läuft so bestimmt zweimal ab. Im Studio ändern wir dann eventuell nur noch dann etwas, wenn wir es für nötig halten. Dieser Prozess findet auf jedem Album statt.

Und dieser Prozess hat sich nie geändert? Habt ihr nie andere Prioritäten gesetzt?

Gavin: Nein, im Grunde war es immer so. Seit der "IVth crusade" haben auch wir Songtitel vorgeschlagen und nicht mehr nur Karl. Die Texte entstanden somit aus einer Zusammenarbeit. So auch auf "Mercenary", es blieb alles einigermaßen so wie immer. So mögen wir es.

Kommen wir auf eure Videoclips zu sprechen. Erläutere bitte weiteres. Der erste war der Clip zu Cenotaph, der einige Live-Szenen, Kampfjets, Passanten und ein Denkmal zeigt.

Gavin: Ein Stück Scheiße! Das passiert, wenn du keine Kontrolle über die Dinge hast. Jemand hat gefilmt und geschnitten, ohne das die Band je dabei gewesen wäre. Und heraus kam ein Stück Scheiße!

Dann hat es noch einen Clip zu "The IVth crusade" gegeben.

Gavin: Ja, aus einem Live-Gig zusammengeschnitten, enthält zu viele Wiederholungen und repräsentiert uns nicht gut. Danach haben wir nie wieder einen gedreht.

Ihr hättet zu "For victory" und "Forever fallen" eigentlich auch Clips drehen sollen.

Gavin: Ja, wir haben die Aufnahmen einen Tag vorher abgeblasen, was uns ca. 20.000DM gekostet hat. Zu dem Zeitpunkt waren wir der Meinung, daß wir nicht "falsch" erscheinen wollen. Wir wollten da nichts nachstellen, wir sind eine echte Band und wollen echte Situationen. Und wie ein Haufen Schwanzköpfe rumzustehen, ist keine gute Idee für eine Band. Verstehst du? Oder mit ein wenig Beleuchtung im Studio zu stehen.

Daß wir den Clip zu "IVth crusade" zuließen, lag daran, daß es ein Live-Clip war. Zwar war er auf einen CD-Track gepaßt, aber extra dafür Theater zu spielen, war nicht unser Ding.

Ich weiß nicht, ob wir in Zukunft einen drehen werden. Wer weiß? Es sieht nicht so aus.

Hat Metal Blade daran kein Interesse?

Gavin: Wir entscheiden, was passiert!

Wie sähe denn ein Clip aus, der dich zufrieden stellen würde?

Gavin: Hmm, gute Frage. Ich weiß nicht, ich habe ihn ja noch nicht abgedreht. Ich müßte ihn zuerst sehen, um zu sagen: "Jau, das ist es!"

Darüber haben wir uns bisher weder Gedanken gemacht oder uns darum gekümmert. Nach den ersten beiden miesen Videos war das Thema fürs erste abgehakt.

Kennst du keinen Clip, der dir gefällt, von dem du sagen könntest: Das wäre auch unser Stil?

Gavin: Ich mag viele Clips nicht. Jeder schaut darauf, daß er gut aussieht und es wird viel Geld reingepumpt. Wen interessiert das?

Schon einige Mitglieder haben Bolt Thrower verlassen. Lassen wir die Geschichte doch mal Revue passieren. Da wäre zum einen euer erster Sänger Allen West.

Gavin: Er hat mit uns die erste Radiosession mit John Peel eingesungen. Für ihn wurde die Band zu dem Zeitpunkt zu ernst. Wir hatten gerade das Angebot für das erste Album bei Vinyl Solution bekommen, das war am Tag nach der Radiosession. Er hatte dann keine Lust mehr.

Wir testeten einige Sänger und nahmen letztlich unseren Fahrer Karl. Er war bis dahin bei jedem unserer Auftritte und auch ein Freund der Band. Wir wollten nicht nur eine Band zusammenstellen, wir wollten Freunde mit Vertrauen und Loyalität zusammenbringen. Karl war zu der Zeit bestimmt nicht der beste Sänger, kein Zweifel. Aber er war ein Freund, und das hat ausgereicht.

Er hat sich über die Jahre verbessert. Auf "In battle there is no law" sang er nicht seine eigenen Texte und war nicht beteiligt. Er war auf der Suche nach seinem Stil, den er auf "Warmaster" fand.

Ein weiterer geschiedener Recke heißt Alex. Der Nachname ist mir nicht bekannt.

Gavin: Das ist natürlich nicht unser jetziger Schlagzeuger, ha, ha! Alex hat im Grunde nur einen Auftritt mit uns gespielt und schaffte es nicht mal auf ein Demo. Er hat mich am Bass abgelöst, den ich ursprünglich bei Bolt Thrower bedient habe. Damals waren wir noch zu viert. Ich habe dann an die Gitarre gewechselt.

Mit Alex hat es nicht funktioniert, uns so haben wir Jo aufgenommen.

Andy Whale und Karl Willetts haben sich gemeinsam aus dem Staub gemacht.

Gavin: Andy und Karl gingen gleichzeitig, wir können sie also zusammenfassen. Alles ergab sich, als wir in den Staaten auf einer der beschissensten Touren überhaupt unterwegs waren. Wir hatten einen schlechten Ruf, was unseren Zuschauerzuspruch auf Tour betraf. Das stimmte natürlich nicht.

Es war schwer, an Auftritte heranzukommen. Wir gingen nach New York und New Jersey nur um zu zeigen, daß wir da sind und spielen werden. Aber das waren miese Auftritte und auch in der Band sah es so aus, als ob alles dem Ende zugehen würde. Karl und Whale begannen mit einem Projekt, was wir in Bolt Thrower aber nicht akzeptieren. Keine Projekte, keine Coverversionen, das sind unsere Spielregeln!

Sie versuchten ihr Projekt im Stillen zu führen und interessierten sich für neue Stile wie Soundgarden. Darauf stehen wir nun gerade nicht. Letzlich war es ein doppelter Split. Auf der einen Seite ich, Jo und Barry, Karl und Andy auf der anderen.

Es ergab sich dann in den Staaten so, daß sie zurückflogen und wir noch einige Tage blieben. Wir bezahlten die Backline, kamen auch nach Hause und überlegten, was die nächsten Monate zu tun sei. Nach zwei Monaten ging es dann weiter.

Euer neuer Drummer wurde Martin "Kiddy" Kearns.

Gavin: Er wurde genau wie Martin van Drunen herausgeschmissen. Er war ein Faulenzer. Er war mit 17 Jahren sehr jung, als er in die Band kam und hatte bisher wohl zuviel auf dem Tablett serviert bekommen. Um ehrlich zu sein: Er hatte seine Position nie verdient, er hat sie von uns bekommen. Wenn das jedoch passiert, dann mußt du dich in sie hinein entwickeln. Er faulenzte lieber und erschien nicht zu den Proben.

Ja, Martin van Drunen hast du gerade schon angesprochen.

Gavin: Er wurde herausgeworfen, obwohl er schon die Erfahrung in anderen Bands (Pestilence & Asphyx - Verf.) hatte und wir gut miteinander auskamen. Wir trauten ihm jedoch nicht, daß er sich Bolt Thrower mehr als anderen Bands seiner Karriere widmen wollte. Der Gedanke gefiel uns nicht.

Als wir den Auftritt für das With Full Force angeboten bekamen, dessen Organisatoren Fans der Band sind, sagte Martin zwei Wochen vorher ab. Wir arbeiten im übrigen immer mit den selben Organisatoren zusammen. Vor dem Auftritt sollte nahe der Grenze noch eine Warm-Up Show laufen.

Nun ja, neun Monate vor dem Auftritt fielen seine Haare aufgrund einer Krankheit aus und er wollte nicht mit kurzen Haaren auf die Bühne, er war immer ein Metal-Kid. Wir erklärten ihm, daß es uns einen Dreck interessieren würde, wie jemand aussieht. Du mußt einfach nur zu 100% dabei sein und hinter der Sache stehen, das reicht. Aber er wollte so nicht, was wir für Schwachsinn hielten. If you are into it, you are into it! Egal ob mit langen oder kurzen Haaren!

An diesem Punkt wurde er gekickt. Wir spielten das Festival mit Dave Ingram, einem unserer Freunde, der uns dafür aushalf.

Habt ihr noch Kontakt?

Gavin: Nein, an jenem Tag haben wir ihn das letzte Mal gesprochen.

Gibt es Aufnahmen mit Martin?

Gavin: Aufnahmen gibt es nicht, es war auch nicht abzusehen, daß es je welche geben würde. Wir haben ihn meiner Meinung nach nur als Lückenfüller aufgenommen, um nach einem Sänger zu suchen, der zu uns paßt. Wir hatten "For victory" gerade auf dem Markt, keinen Sänger und wollten touren.

Ein Album ist toll, es macht Spaß, ein Album aufzunehmen. Aber eine echte Band will Shows spielen, sie will live auftreten! Auch wenn dies viel organisatorische Arbeit bedeutet. Da wir alles selbst organisieren, gibt es auch diese großen Lücken zwischen Veröffentlichungen und Tourneen.

Viele dachten wohl, daß wir uns aufgelöst hätten. Das Gerücht habe ich sogar selber gehört! Aber was uns betrifft: Wenn wir nicht touren oder aufnehmen, planen wir unsere nächsten Schritte.

Ihr habt mit Jo eine Frau in der Band, was im Metal bzw. Death Metal etwas außergewöhnliches darstellt. Trotzdem wurde dieser Umstand nie für Werbekampagnen ausgenutzt. Ihr behandelt diese Sache eher mit der Normalität, die sie verdient.

Gavin: Ja, natürlich! Das Geschlecht ist uns egal, wenn wir nach einem Musiker suchen, der unsere Anforderungen erfüllen kann. Als Bassistin in unserer Band ist sie vielleicht die zweitbeste Musikerin. Sie besitzt ein exzellentes Gehör für Songs. Du kannst ihr einen Song vorspielen, und innerhalb von zwei Minuten kann sie es selbst umsetzen. Egal, um welche Band es sich dabei handelt!

Sie kann dir sagen: "Hier, das hört sich folgendermaßen an..." und spielt es. Sie konnte die Songs für "Warmaster" umgerechnet nach nur sieben Tagen spielen! Nach so jemandem suchen wir. Jemand der gut ist und voll und ganz hinter der Band steht. Ansprüche wie Treue und Aufopferung zählen mehr als das Geschlecht!

Und was Werbung betrifft. Wir sehen viele Bands, die Frauen oder Tänzerinnen nutzen, um ihre Musik zu promoten. Das halten wir für Scheiße! Genauso wenig stehen wir auf Einzelphotos. Wir wollen nicht, daß jemand aus der Band vor allen anderen steht. Das ist eine klare Absprache. Alle in der Band sind gleich. Es gibt keine Photosessions, bei denen Jo in schicke Klamotten verpackt für Werbung sorgt. Das ist doch Quatsch! Alle sind gleich, nur die Band ist wichtiger als jeder!

Wie du weißt, heißt unsere Sendung "What's Metal". Was bedeutet Metal für dich?

Gavin: Vergnügen, einfach nur Vergnügen. Es bereitet mir Vergnügen zu spielen, es vergnügt Fans, zu den Auftritten zu kommen.

Wenn wir eine Platte herausbringen und auf Tour kommen, wissen wir natürlich nicht, ob sich jemand blicken läßt. Wenn du nichts verkaufst, wird auch niemand kommen. Wir spielen nicht für festes Geld. Wir nehmen einen Anteil der Entrittsgelder. Wenn niemand auftaucht, werden wir auch nicht bezahlt. Das paßt zu uns!

Das einzige, das uns stört, ist Mittelmäßigkeit. "Wie waren wir heute Nacht?" "Hm, ganz ok." Das stört uns! Ich will verdammt noch mal killen oder scheiße sein! Beides wäre akzeptabel, aber nicht ok! Da ist sogar scheiße zu sein besser, ha, ha!

Wo wir gerade von Scheiße sprechen, kommen wir doch mal auf Earache zu sprechen.

Gavin: Hey, gute Überleitung. Du hast es erfaßt!

Wie würdest du ihre Arbeit heute werten?

Gavin: Wenn ich so zurückblicke, dann paßt ein Vergleich. Wenn du eine Straße lang gehst, in Hundescheiße trittst und dir unter die Sohle siehst, dann findest du Earache.

Bolt Thrower waren nie eine Priorität für Earache, viel Geld für Werbung und so floß in die anderen Bands. Morbid Angel, Carcass, Napalm Death, such dir eine aus. Ian (Earache Gründer - Verf.) war nie ein Fan der Band. Carcass waren ihm musikalisch am liebsten, Napalm Death haben das Label starten lassen, Morbid Angel waren die erste Band aus den Staaten. Ich denke, daß Bolt Thrower nur unter Vertrag genommen wurden, um keine Konkurrenz darzustellen. Er konnte Dinge auf- und uns zurückhalten, was er später auch tat.

Er wußte z.B. gar nicht, daß wir auf der "For victory" Tour und auch den vorherigen waren. Er brachte das Album heraus, betrieb keine Werbung und tat auch sonst nichts. Er dachte, wir säßen zu hause, während wir in Amerika tourten. Es gab keine richtige Verbindung zum Label, da wir schon länger der Meinung waren, daß es Mist sei. Letztlich wurden wir herausgeworfen, wofür wir aber 1.5 Jahre brauchten!

Obwohl es ein Indie- Label ist, haben sie Major-Verträge von 40 Seiten Länge und den typischen Mist-Klauseln! Die einzige Ausweg war, sie wie Dreck zu behandeln. Sie schmissen uns raus und sandten dazu ein Fax. Wir wollten das dann in einem datierten Brief haben. Als alles geritzt war, standen Metal Blade schon bereit, mit denen wir zuvor schon über einen Deal sprachen. Earache weg, neues Label her, von dem wir wußten, daß es 100 mal besser wäre als das alte.

Jetzt sind wir bei einem Label, vorher waren wir bei Earache. Ich sollte sie gar nicht mit dem Begriff Plattenfirma in Verbindung bringen.

Auch der Death Metal hat mittlerweile eine längere Geschichte. Wie denkst du darüber?

Gavin: Ich habe wenig Ahnung von dem, was momentan los ist. Als wir begannen gab es keine Szene für Death Metal oder ähnliche Musik. Es gab kein Publikum, nur einige Bands, die das spielen, was sie wollten. Vielleicht unter dem Einfluß einiger anderer Bands.

Ich denke nicht, daß ihr von Bolt Thrower leben könnt. Was macht ihr nebenher?

Gavin: Wir leben... von Bolt Thrower! Manchmal für fünf, zwei oder ein Jahr. Das hängt davon, ab, was wir tun, ob wir etwas veröffentlichen, ob wir touren. Mal geht es ganz gut so, mal weniger. Wir nehmen es so wie es kommt.

Das hätte ich nicht gedacht!

Jetzt noch einige Fragen zu "Mercenary". Der Song "6th chapter" spielt sicherlich auf euer sechstes Album an.

Gavin: Natürlich, das ist ziemlich offensichtlich. Und es ist nur das sechste, es wird also auch ein siebtes und achtes geben.

Dann bin ich ja gerettet. Die Lyrics sind auf diese aus Dolchen zusammengesetzten Embleme gedruckt. Unter dem Text zu "6th chapter" formen sie ein Peace Zeichen.

Gavin: Ja, genau das gleiche Symbol bilden die Dolche hinter unserem Bandsymbol, dem gehörnten Schädel. Auch sie bilden dieses Freidenssymbol.

Wir mögen erzwungene Verbindungen. Wie bei diesem Zeichen, das aus Dolchen zusammengesetzt ist, die eher für das Kriegs-Image stehen. Dahinter verbirgt sich die "forced union" zweier Gegensätze.

Auf der Digi-Version gibt es einen Bonussong. Heißt er "Disciples of war" oder "Infiltrator"?

Gavin: Er heißt "Infiltrator".

Dann ist dies also eigentlich der Bonus für die JapanVersion, denn dort ist dieser Titel angegeben.

Gavin: Ja, darüber waren wir nicht so glücklich. Jedesmal wollen die Japaner zusätzliche Songs. Warum zum Teufel sollen sie diese bekommen? Um ihn auch hier veröffentlichen zu können, packten wir ihn aufs Digipack und ließen den Titel weg. Die Japaner denken jetzt, daß sie etwas besonderes haben, aber du kannst den Song auch in Deutschland kaufen, hä, hä!

Ich verstehe nicht, daß sie Extrasongs brauchen oder wollen. Warum nur sie und niemand sonst? Auf der CD ist es Song Nr. 25, du mußt also wissen, wo er ist.

Seid ihr jemals als Befürworter von Kriegen beschuldigt worden?

Gavin: Oh, bestimmt schon öfters. Aber wir wissen nicht davon, haben nichts gelesen und würden es auch nicht lesen. Wen interessiert es?

Wie kam es denn dazu, daß Krieg zu so einem Markenzeichen von euch wurde? Wer war der Auslöser?

Gavin: Vielleicht Karl und ich. Aber jeder hat sich für die Geschichte interessiert. Ich habe eine Beziehung zur Armee, weil mein Bruder, mein Vater und mein Onkel dort sind oder waren. Die Geschichte, ihre Fehler und generell die Vergangenheit haben mich schon immer interessiert. Karl ging es ebenso, und wir haben uns ergänzt. Erst sah es so aus, als ob es sich in eine satanische Richtung entwickeln würde. Doch das hat es sich glücklicherweise nicht.

Eure Songs beschreiben Krieg in allen Formen. Dennoch gibt es einige Ausnahmen (wie z.B. "Ritual" auf "IVth crusade" - Verf.).

Gavin: Ja, ganz richtig. Es gibt einige solche Songs. Aber generell sehen wir die Texte sehr vielschichtig. Du kannst sie mit Krieg in Verbindung bringen aber genauso aufs tägliche Leben beziehen. Je nachdem, wie sehr du dich damit beschäftigst. Man bietet damit auch jedem individuell an, eigene Gedanken herauszuziehen. Verstehst du? Es wäre einfach zu sagen: Das ist dies, und dies hier heißt das! Aber das wäre den Leuten nur in den Hals gestopft. Man sollte etwas lesen und auf seine Sicht übersetzen. Die Bedeutungen, die dabei herauskommen, entsprechen dann vielleicht nicht mehr der Ausgangsabsicht, aber gerade das ist freies Denken und wichtig!

Ihr habt also nie darüber nachgedacht, ganz bestimmte Geschehnisse in euren Texten zu diskutieren? Oder bestimmte Meinungen zu vertreten?

Gavin: Nein, Politik und Krieg passen nicht zusammen. Das haben sie nie!

Könnte die Welt ohne Kriege existieren?

Gavin: Nein, das liegt vielleicht zu tief in der menschlichen Natur. Vor tausend Jahren hat man Keulen gebraucht, heute hat man dafür Raketen. Aber es ist noch immer dasselbe. Man tötet noch immer.

Und nun noch einige Besonderheiten. Wußtest du, daß es verschiedene Versionen der Peel Sessions gibt?

Gavin: Ja, ich kenne zwei. Es gibt eine 12" Version der ersten Session, später gab es dann die drei zusammen auf einem Album. Wir waren über die 12" sehr erfreut, denn "In battle.." war gerade erschienen und hatte einen Sound, mit dem wir nicht zufrieden waren. Er hätte viel besser sein können. Wir waren beim Mischen gar nicht dabei.

Es gibt die CD Version mit zwei verschiedenen Covers. Eine violette mit weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund und eine mit goldener Schrift auf schwarz.

Gavin: Es gibt auch noch eine silbern-schwarze.

Einige Exemplare enthalten die Peel-Sessions gar nicht. Dafür erklingt irgendeine Jazz-Kapelle.

Gavin: Das glaube ich dir sofort. Ich habe eine Warmaster CD mit dem "Grease" Soundtrack darauf! Das ist die normale mit Aufdruck und allem drum und dran! Da müssen John Travolta und Olivia Newton John im Werk auf die Rohlinge gepreßt worden sein und sich mit unserer Produktion überschnitten haben, ha, ha! Der "Grease"-"Warmaster"-Soundtrack. Das passiert, wenn Dummköpfe für dich drucken! So sind Earache!

Karl Willets taucht auf einer Peel-Session der Band Doom auf. Wer waren die?

Gavin: Freunde oder Fans aus Birmingham. Er für einfach hin und machte es. Er hat auch für Benediction einige Backings eingesungen ("Wrong side of the grave" und "Jumping at shadows" glaube ich - Verf.). Das waren auch nur seine Freunde, er wollte seine Karriere damit nicht beschleunigen, oder so. Schließlich waren das alles Undergroundbands. Er tat es für Spaß und einige Drogen im Studio, he, he.

Auch Barry erschien auf der "Grind bastards" CD von Benediction für einige Backings.

Gavin: Genau, die gleiche Geschichte.

Hast du von Bolt Thrower Coverversionen gehört?

Gavin: Ja, von einigen. Aber die Bands fallen mir jetzt nicht einfach so ein. Hier und da habe ich mal etwas gehört.

Ich kenne nur das "Cenotaph" Cover von Necrony.

Gavin: Ja, und es gibt noch mehr. Aber ich halte das für ziemlich dumm. Die verschwenden doch nur ihre Zeit und sollten lieber ihre eigene Musik spielen. Das wäre für jeden besser. Das ist kein Kompliment, obwohl es andersherum so ist. Aber sie sollten nicht unseren Kram spielen sondern lieber ihren eigenen. Denn das will doch eigentlich jede Band.

Ihr habt auch niemals Coverversionen gespielt?

Gavin: Nein, das ist doch Scheiße. Egal wie und wie gut du es spielst, du wirst immer das Original mögen, weil es eben das Original ist. Egal wie die Produktion oder Qualität ist. Das macht nichts aus!

Hast du gesehen, daß Crimson Midwinter das Chaosauge für ihr Album "Random chaos" verwendet haben?

Gavin: Ja, das habe ich gesehen, wenn ich den Namen auch nicht kannte. Ich hätte ihn soundso sofort wieder vergessen. Aber auch Sepultura haben es nach der "Realms of chaos" für "Chaos A.D." benutzt. Man kennt das Zeichen eben, wir hatten er nur zuerst.

Vom "IVth crusade" Album kursieren einige Fehlpressungen in den Staaten, auf denen in "Where next to conquer" ein Schleife existiert und der Song somit statt 3:50min ganze 4:10min läuft.

Gavin: Dafür würde ich wieder Earache ins Feld führen, hä, hä!! Sie sind immer da, wenn Scheiße ansteht! Vielleicht liegt es an einem billigen Mastering. Sie nutzten klassische Orte fürs Mastering, heutzutage macht man es auf dem Computer eine Etage höher. Anscheinend ist das Label kleiner geworden und sie haben nicht mehr die Bands, die von Interesse sind und Geld reinbringen.

Ich denke, sie stecken zu sehr in Mainstream Bands wie Dub War. Das war auch einer der Gründe, warum wir weg wollten. Sie interessierten sich mit mal auch für andere Musik wie Techno, House Music und kommerziellen Kram. Sie suchten nach Chartmusik, hatten aber keine Ahnung. Wenn man so etwas macht, dann unter einem anderen Namen. Von einem Label wie Earache erwartete man schließlich einen gewissen Sound. Aber so haben sie die Leute abgezogen.

Einige Holländer haben euch angeblich zu Weihnachten eine Tribute-Kassette geschenkt, die sie unter dem Namen "Colt Thrower" aufgenommen haben.

Gavin: Davon habe ich nie gehört.

Es war "Under the sign of the black horse" betitelt und enthielt neben In- und Outro die Songs "Dwarf in torment" und "Through the eye of the Jap".

Gavin: Das hat niemand von uns je bekommen, davon gehört oder gesehen!

Naja, wenn ich mal eine Kopie auftreiben kann, sollte ich sie euch schicken. Noch irgendwelche abschließenden Bemerkungen?

Gavin: Nur an all die, die uns über die Jahre unterstützt haben: Danke für eure Unterstützung! Starkes Interview übrigens.

Danke!

Maggi


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