Aus der Geschichte des Hauses Siemens

Adolf Franke †

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Siemens Zeitschrift

Band 20, November/Dezember 1940, Heft 6

pages 267, 268

 

Mit Adolf Franke, der am 11. September 1940 sein an Arbeit, Erfolgen und Ehrungen reiches Leben beschloß, ist ein Mann heimgegangen der in langjährigen Wirken an leitende Stelle in hohem Maße dazu beigetragen hat, die Firma Siemens & Halske zu ihrer jetzigen Bedeutung emporfahren. Als Franke im Jahre 1896 auf Veranlassung seines Freundes August Raps, mit dem er während seiner Studienzeit im Physikalischen Institut der Universität Berlin bei Prof. Helmholtz gearbeitet hatte, bei Siemens & Halske eintrat, hatte sich das Interesse der Firma hauptsächlich auf die Starkstromtechnik verlagert. In der tat schien diese nach der Entdeckung des dynamo-elektrischen Prinzips durch Werner Siemens die größeren Möglichkeiten zu bieten und eine erfolgreiche Betätigung für Jahrzehnte sicherzustellen. Ihr gegenüber waren die älteren Arbeitsgebiete, die Fernmelde- und Meßtechnik, in den Hintergrund getreten. Diesen Zustand zu beseitigen hatte sich Wilhelm von Siemens zum Ziel gesetzt. Durch die berufung von August Raps im Jahre 1893, der im Jahre 1896 die Leitung des "Berliner Werks" in der Markgrafenstraße übernahm, war der erste Schritt in dieser Richtung getan worden.

Adolf Franke geb. am 7.Dez.1865, gest. am 11.Sept.1940

Adolf Franke brachte die notwendigen menschlichen und wissenschaftlichen Voraussetzungen mit, die ihn befähigen sollten, die Entwicklung richtunggebend zu beeinflussen. Die niedersächsische Abstammung - er wurde im Jahre 1865 in Lingen a.d. Ems als Sohn eines Gymnasialdirektors geboren - gab seiner Persönlichkeit das Gepräge und stattete ihm mit den Grundeigenschaften aus, deren er bedurfte, um sich in allen Berufs- und Lebenslagen mit Erfolg durchzusetzen. Die Universitäten Heidelberg und Berlin, wo er promovierte, und die Technische Hochschule in Hannover lieferten ihm das geistige Rüstzeug des Technikers. Schon seine Doktorarbeit von 1891 legte seine zukünftige Tätigkeit fest, denn sie trug den Titel "Die elektrischen Vorgänge in den Fernsprechleitungen und - apparaten". Er beschrieb darin die versuche, der er im Auftrage des Reichspostamts im damaligen Telegraphen-Ingenieurbüro ausgeführt hatte. Weiterhin gab er die Konstruktion einer Hochfrequenz-Wechselstrommaschine für Fernsprechmeßzwecke an, die unter dem Namen Frankesche Maschine bekannt werden und jahrzehntelang das Meßgerät des Fernsprechtechnikers sein sollte. nach 21/2jähriger Tätigkeit schied Adolf Franke aus den Diensten der Reichspost aus, um sich zunächst als Oberingenieur in Privatunternehmen (Uraniasäulen-Gesellschaft, Normalzeit in Berlin) zu betätigen und für größere Aufgaben vorzubereiten.

Das Jahr 1896 stellte den Dreißigjährigen mit dem Übertritt zu Siemens & Halske an den Platz, auf dem er in jahrzehntelangem Wirken seine Kräfte entfalten und zum Wohl nicht nur des ihm anvertrauten Betriebes, sondern auch der Allgemeinheit einzusetzen vermochte. Von einzeln Aufgaben, die er einer Lösung entgegenführte, seien die Weiterentwicklung des Pendeltelegraphen, die Einführung des Ferndruckers und die Entwicklung des Siemens-Schnelltelegraphen erwähnt. Sein umfassender geist erkannte deutlich die Möglichkeiten der Fernmeldetechnik und die Bedeutung, die dieses Gebiet noch erringen sollte. Er kümmerte sich ebenso um die Einführung der Pupinschen Erfindung in die Praxis wie auch um die damals noch in ihren Anfängen steckende Technik des drahtlosen Betriebes. An der Gründung der Telefunken-Gesellschaft im Jahre 1903 war der inzwischen zum stellvertretenden Mitglied des Vorstandes der Siemens & Halske AG Aufgerückte wesentlich beteiligt. Das gleiche gilt für die Gründungen der Deutschen Betriebsgesellschaft für drahtlose Telegraphie (1911), der Transradio-Gesellschaft (1918) und der deutschen Fernkabel-Gemeinschaft (1921). Daß hinter all siesen Gründungen eine Fülle von Gedanken und ein großes Maß wissenschaftlicher, technischer und organisatorischer Arbeit stand, bedarf keiner Erläuterung. Dem gegenüber traten die äußeren Daten seines Lebenswegs zurück: Im Jahre 1908 wurde er ordentliches Vorstandmitglied der Siemens & Halske AG, um im Jahre 1920 nach dem Tode von Prof. Raps die allgemeine Leitung des Wernerwerks zu übernehmen. Von 1921 bis 1931 führte er den Vorsitz im Vorstand der Siemens & Halske AG und wurde 1932 in die Aufsichtsräte von Siemens & Halske und Siemens-Schuckert gewählt, den er bis 1936 angehörte. Ganz besonders erwähnt werden muß noch sein richtungsweisender Einfluß, den die wissenschaftliche und technische Schulung der Gefolgschaft, namentlich auf feinmechanischem Fertigung in Berlin ist auf seine Anregung hin und mit seiner lebhaften Unterstützung ins Leben gerufen worden. Einen kleinen Einblick in diesen Zweig seines Wirkens gibt der Auszug aus einem Vortrag, den die "Siemens-Zeitschrift" im Jahre 1925 unter dem Titel "Massenfertigung und Schulungswesen" veröffentlichte.

Es ist selbstverständlich daß Adolf Franke in seinem langen Berufsleben zahlreiche Ehrungen zuteil wurden. 1922 ernannten ihn die Technische Hochschule Berlin zum Dr.-Ing. e.h., die Technischen Hochschule Karlsruhe und Dresden zum Ehrenbürger, die Technische Hochschule Dresden 1923 zum Ehrensenator. 1926 wurde ihm die Siemens-Stephan-Gedankplatte, 1930 die Heinrich-Hertz-Medaille und 1933 die Gauß-Weber-Gedenkmünze der Göttinger Universität verliehen. Das Ausscheiden aus dem Siemens-Vorstand im Jahre 1932 war für Adolf Franke nicht den Anlaß, nunmehr der wohlverdienten Muße zu pflegen. Seine Betrauung mit der Zusammenfassung aller wissenschaftlichen und Entwicklungsarbeiten der Siemens-Werke stellte ihn vor wichtige Aufgaben.

Das Lebensbild des Verstorbenen würde unvollständig bleiben, wollte man nicht auch seiner rein menschlichen Eigenschaften in Dankbarkeit gedenken. Franke vereinte mit Schärfe des Verstandes, Klarheit und Logik des Denkens, zielbewußtem Handeln sowie wirtschaftlichem Weitblick alle jene Eigenschaften des Herzens, die ihm einen großen Freundeskreis schufen. Güte und Wohlwollen, unbestechliches Gerechtigkeitsgefühl und soziales Verständnis waren die Grundzüge seines Wesens. Und wenn seine jüngeren Mitarbeiter gern von ihm als dem "Vater Franke"sprachen, so lag hierin wohl auch der überzeugendste Ausdruck ehrlich empfundener Liebe und Verehrung.

Unsere heutige Zeit hat es wieder gelernt, in Ehrfurcht zu übertragenden Persönlichkeiten aufzublicken. Eine solche Persönlichkeit ist Franke gewesen, und die deutsche Elektrotechnik darf stolz sein, daß er durch lange Jahrzehnte in ihren Reihen gestanden hat.

Als die Freunde des Verstorbenen ihm am 16. September 1940 auf dem Waldfriedhof Dahlem das letzte Geleit gaben, war ihnen bewußt, daß dieser Abschied kein Vergessen sein würde.

 

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