I have selected this paper, because it gives an interesting vision on the difficulties German industry encountered before their Patent - Legislation came in to force, on 1 July 1877. However, the final section of this paper (being marked), might have been influenced by their recently introduced patent-laws, on 1 October 1936.

 

Werner von Siemens und das deutsche Patentwesen

By G.A. Feiler

 

Transcript (partly) of:

Siemens Zeitschrift

16 Jahrgang, Oktober 1936

pages 385 - 388

 

Am 1. Oktober 1936 ist das neue Deutsche Patentgesetz vom 5. 5. 1936 in Kraft getreten. An einem für das deutsche Patentwesen so wichtigen Zeitpunkt ist es von Nutzen, sich die Entstehung des modernen deutschen Erfindungsschutzes zu Erinnern. Ein solcher Rückblick wäre im hohen Maße unvollständig, wenn dabei nicht der Verdienste des Mannes gedacht wurde, der aus der reichen Fülle eigener Erfindungserfahrungen heraus auch heute noch gültigen Grundsätze der deutschen Patentgesetzgebung im wesenlichen entwickelt und ihre praktische gesetzgeberische Verwirklichung trotz größter Widerstände durchgesetzt hat: Werner von Siemens.

Um die Bedeutung der von Werner von Siemens entwickelten Gedanken richtig zu würdigen, ist es nötig, auf die vor Inkrafttreten des ersten Reichspatentgesetzes in Deutschland herrschenden Zustände kurz einzugehen.

Bis zu Errichtung des Deutschen Reiches, dessen Verfassung die Zuständigkeit der Reichsgesetzgebung für das Patentwesen begründete, bestand in Deutschland kein einheitlicher Erfindungsschutz. In den Ländern Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg, Hannover und Hessen gab es Patentgesetze. Die Mehrzahl der übrigen Länder gewährte Erfindungsschutz nur, wenn bereits in einem der größeren Staaten ein Patent erteilt worden war.Die Hansestädte und die beiden Mecklenburg kannten die Rechtseinrichtung des patentschutzesüberhaupt nicht. Noch nachteiliger als diese gebietsmäßige Zersplitterung was es, daß auch die bereits vorhanden Patentgesetze auf völlig verschiedenen Grundlagen beruhten.

Das Preußische Patentgesetz, dem praktisch die größte Bedeutung zukam, ging von der dem Gedankengut der französischen Revolution entlehnten Grundanschauung aus, daß die Erfindung unumschränktes Eigentum ihres Urhebers sei. Der Erfinder kannte mit seiner Schöpfung zu eigenem Nutzen nach Belieben verfahren. War das patent für die kurze von drei bis fünf Jahren erteilt, so fand keine amtliche Veröffentlichung der durch die Erfindung begründeten neuen technischen Lehre statt. Man gestand sogar - ganz nach französischen Vorbild und im Banne ihrer individualistischen Eigentumstheorie - dem Erfinder das "natürliche Recht" zu, seine Schöpfung völlig geheim zu halten.

Mit der Erteilung von Patenten, die ihre Entstehung einem Gnadenakte des preußischen Königs verdankten, war man infolge einer allgemeinen erfinderfeindlichen Einstellung, die ihre Grundlage vielleicht gerade in der Mangelhaftigkeit des Gesetzes hatte, äußerst zurückhaltend. Die Patentgesuche wurden einer übermäßig strengen, nicht nur nach technischen und rechtlichen, sondern auch nach fiskalischen und allgemeinen Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten durchgeführten Prüfung unterworfen. Sie ging in einem geheimen Verfahren vor sich, auf das der Erfinder ebensowenig Einfluß hatte, wie ihm ein Rechtsbehelf gegen die schließlich getroffene Entscheidung zustand.

Werner von Siemens hat in seien Schriften diese Zustände eindringlichst geschildert: "Man will in Preußen keine Patente, man schlägt sie ab, wo man irgend kann und häufig unter Anwendung sehr kleinlicher und nichtiger Gründe, weil man sie für gemeinschädlich hält". Er hat sich auch an einer andere Stelle seiner Schriften über die nachteiligen Wirkung geäußert, die das erteilte preußische Patent für die Allgemeinheit hatte: "Diesen Patenten gegenüber sind alle Gewerbetreibenden in einer wahrhaft verzweifelten lage, wenn sie ihren betrieb vervollkommen wollen. Das unbekannte Recht eines anderen schwebt als Damoklesschwert über ihrem Haupte". - Es ist nicht verwunderlich, daß die Mangelhaftigkeit eines solchen Patenwesens nicht geeignet war, von der Notwendigkeit und Nützlichkeit der ganzen Einrichtung zu überzeugen. So mehrten sich dann auch bald unter den Einfluß freihändlerischer Bestrebungen die Stimmen, die für gänzliche Abschaffung des Patentschutzes waren.

Im laufe der Zeit gewannen die Vertreter dieser Richtung immer mehr an Boden, und Anfang der siebziger Jahre (1870s, AOB) schien die Abschaffung des Patentschutzes so gut wie sicher zu sein, da sich auch im Reichskanzleramt die patentfeindliche Richtung durchgesetzt zu haben schien. Es ist im wesentlichen das Verdienst von Werner von Siemens, die Entwicklung in andere Bahnen geleitet zu haben.

Aus seinen vorhin wiedergegebenen Äußerungen ergibt sich bereits, daß Werner von Siemens mit den Patentgegnern in der Ablehnung der herrschenden Zustände auf dem Gebiete des Patentwesens übereinstimmte. Sie waren für ihn mit vollkommener Schutzlosigkeit der Erfindungen gleichbedeutend. Ein Zustand der Patentlosigkeit schien ihm aber ebensowenig erstrebenswert, ja sogar einem solchen der Rechtslosigkeit und Wilkür gleichzukommen. In diesem Sinnen schreibt er in einem Briefe an seinen Bruder Karl mit Bezug auf die Abschaffung des Patentschutzes: "Ich habe einen großen Kampf begonnen gegen die ganze Freihandelsmeute, welche die Gesetzgebung in der Welt beseitigen will". Er hatte an sich selbst den Wert des Patentschutzes für die Entwicklung der Erfinderpersönlichkeit kenngelernt und hat sich zu dieser Bedeutung des Patentwesens bekannt: "Ich will nicht leugnen, daß die patentgesetzgebung für meinen Lebensgang von hoher Bedeutung gewesen ist. Ein Patent, das ich vor etwa 25 Jahren als junger mittelloser Mann in England nahm, gab mir die Mittel, mich wissenschaftlich-technischen Bestrebungen ferner zu widmen und die militärische Laufbahn mit der technischen zu wechseln. Es ist daher für mich eine Pflicht der Dankbarkeit, nach Kräften dafür zu sorgen, daß jungen mittellosen Technikern auch künftig der Weg offen bleibt, der mir ein segenreicher war". Dieser Bewegungsgrund mag ihnn mit veranlaßt haben, in den Kampf um die Patentfrage einzugreifen; entscheidend ist er für sein Eintreten zugunsten des Patentschutzes nicht gewesen, vielmehr waren es die Gedanken von allgemeiner Bedeutung, die ihn dazu bewogen haben, das Wort zu ergreifen.

Die Möglichkeit, seine Ideen der Öffentlichkeit zu unterbreiten, bot ihm eine im Jahre 1863 veranstaltete, an die Handelskammern gerichtete Umfrage der preußischen Regierung über die Nützlichkeit der Aufrechterhaltung des Patentschutzes. Werner von Siemens, der damals dem Ältesten-Kollegium der Berliner Kaufmannschaft angehörte, übernahm es, über die Frage zu berichten und das Gutachten der Kaufmannschaft auszuarbeiten. In dieser von ihm verfaßten Denkschrift tauchen zuerst die Gedanken auf, die auch heute noch die Grundlagen für die Patentgesetzgebung des Reiches bilden.

Worin die Bedeutung dieses Gutachten liegt, wird durch nichts besser wiedergegeben durch die teils im Gutachten selbst erhaltenen, teils aus späteren Äußerungen entnommenen Worte des Verfassers selbst. Werner von Siemens geht davon aus, daß man, um die Erfindungsschutz zu rechtfertigen, einen natürlichen, moralischen Anspruch des Erfinders auf Schutz des geistigen Eigentumes konstruiert und seitdem als Leitgedanken der Gesetzgebung angenommen habe. Von dieser Anschauung seien auch die deutschen Gesetze, namentlich das preußische, ausgegangen. Demzufolge seien die unter ihrer Geltung erteilten Petente reine Privilegien gewesen, die dem Erfinder allein für seine Urheberschaft eine Belohnung gewährten. Diesen Standpunkt verwirft er vollständig. Er schien ihm keine geeignete Gesetzgebungsgrundlage zu sein; denn "persönliche Leistungen irgendwelcher Art sind nur nach dem Nutzen, den sie anderen bringen, anzuerkennen oder zu schützen. Erst durch diesen Nutzen werden sie ein Verdienst". Es kann sich bei dem Erlaß eines Patentgesetzes nicht um den Nutzen des einzelnen handeln. "Das Interesse der Gesamtheit bildet das höhere Gestez". Deshalb "muß das nationale Interesse und die nationale Industrie voranstehen"; den der Patentschutz ist dazu da, "daß die Industrie entwickelt werden soll und nicht, daß die Erfinder besonders gute Geschäfte machen - das steht erst in zweiter Linie". Das Erfinderinteresse darf nur insoweit berücksichtigt werden, als das industrielle Interesse dadurch gefordert wird und, wo beide Interessen in Konflikt kommen, muß das letzte Interesse in der Gesetzgebung immer vorangestellt werden. Unsere Industrie soll blühen und Fortschritte machen, und dazu ist die Erfindungstätigkeit nötig, aber nicht als Ding an sich". Für die Beantwortung der Frage nach der Notwendigkeit des Patentschutzes war für ihn lediglich entscheidend, ob es für die fernere Entwicklung und das Gedeihen der nationalen Industrie vorteilhaft ist oder nicht, wenn den Erfindern ein ausschließliches Eigentumsrecht auf ihre Erfindungen gegeben wird. Das bejahte er uneingeschränkt; denn wenn auch der patenschutz gewisse Schattenseiten habe, so gebe es doch zu denken, daß Entwicklung der Industrie in anderen Ländern mit der Entwicklung des Patentschutzes zusammenfalle.

Diese Ideen, die nach einem von Werner von Siemens selbst geprägten Begriff als "volkswirtschaftliche" Theorie des Patentrechtes bezeichnet wurden, bildeten die Grundlage der ganzen weiteren Entwicklung.

Der unmittelbare praktische Erfolg des Gutachtens von 1863 war zunächst freilich gering, wenn auch die darin enthaltenen Gedankengänge infolge ihrer Neuartigkeit viel Beachtung fanden.

Erst nachdem das Deutsche reich 1871 neuentstanden und ihm durch Artikel 4 seiner Verfassung die Zuständigkeit für die einheitliche Reglung des Patentwesens übertragen worden war, bot sich die Aussicht, die Patentfrage vorwärts zu bringen. Werner von Siemens hatte sich zu diesem Zweck schon früher mit den Verein Deutscher Ingenieure verbündet, in dessen Kreisen Ideen den stärksten Widerhall gefunden hatten. Im Sommer 1871 entstand im Auftrag des Vereins im wesentlichen von André, dem Stadtsyndikus von Osnabrück, ausgearbeiteter Gesetzentwurf, den sein Verfasser einige Zeit später auch Werner von Siemens zur Stellungnahme vorlegte. Obwohl der Entwurf schon in wichtigen Punkten den Siemen’sche Gedankengängen entsprach, verwirklichte er diese doch noch nicht in genügender Weise. Die von Werner von Siemens daran geübte Kritik führte zu der Ausarbeitung eines neuen Gesetzentwurfes, an dessen Beratung Werner von Siemens im Februar 1872 regen Anteil nahm. Der Entwurf, der die Grundlage der ganzen weiteren Entwicklung bildet, trug ganz unverkennbar den Stempel seines Geistes. Er wurde kurze Zeit später zusammen mit einer von Werner von Siemens verfaßten :Petition", die ganz im Sinne deines Gutachtens von 1863 gehalten war, dem Bundesrat zugeleitet. Noch ehe der Entwurf hätte geprüft werden können, kam die Patentfrage von dritter Seite im Reichstag zur Erörterung. Der Reichstag nahm nach längeren Erörterungen einen Antrag an, den Reichskanzler zu ersuchen, das Patentwesen möglichst bald durch Reichsgesetz zu regeln. Infolge der patentfeindlichen Stimmung innerhalb der Regierung drohte die ganze Angelegenheit aber wieder zu versanden. Den Anlaß, der Sache einen neuen Antrieb zu geben, bot der in Verbindung mit der Wiener Weltausstellung von 1873 stattfindende erste internationale Patentkongreß, an dem Werner von Siemens als Vizepräsident und sein Bruder Wilhelm als Präsident teilnahmen. Die Beschlüsse des Kongresses gipfelten in der Forderung nach einem starken internationalen und nationalen Patentrecht, die beide nicht nur mit den moralischen Ansprüchen des Erfinders auf Schutz, sondern auch mit den von Werner von Siemens in besonders eindringlicher Weise dargelegten volkswirtschaftlichen Gründen gerechtfertigt wurden.

In Deutschland war das Verständnis für diese Forderung noch immer gering. So entschlossen sich Siemens und einige seiner Freunde, einen Verein zur Herbeiführung eines rationellen deutschen Patentgesetzes zu gründen. In den Kreisen der gewerblichen Wirtschaft wurde in der Folgezeit eine eifrige Werbetätigkeit eingeleitet. Als Grundlage diente ihr ein von Werner von Siemens verfaßtes Werbeschreiben. Nach anfänglichem Mißerfolg kam die Gründung des vereins schließlich im Frühjahr 1874 zustande. Der so in das Leben gerufene "Patentschutzverein" wurde fortan der Träger der Patentschutzbewegung in Deutschland. Werner von Siemens nahm an seinen Arbeiten den regsten Anteil. Schon im Jahre 1875 legte der verein dem Bundesrat einen neuen Gesetzentwurf, zusammen mit einer von Siemens verfaßten Denkschrift vor. Aber auch dieses neue Vorgehen schien wiederum zum Mißerfolge verurteilt, da der Widerstand in Regierungskreisen unüberwindlich schien. Um diesen Widerstand endgültig zu beseitigen verfaßte er eine Denkschrift über die Notwendigkeit des Patentschutzes. Er überreichte sie 1876 Bismarck den günstigsten Eindruck. Damit war der Erlaß eines Patentgesetzes endgültig gesichert. Es wurde am 25. Mai 1877 verkündet und trat am 1. Juli 1877 in Kraft.

Dieses Gesetz, dessen Grundzügen im wesentlichen auch heute noch gelten, entsprach in großen Teilen den praktischen Folgerungen, die Werner von Siemens aus seiner volkswirtschaftlichen Auffassung des Erfinderschutzes schon in den früheren Gesetzentwürfen gezogen hatte. Schon deshalb bedeutete es eien gewaltigen Schritt vorwärts und sicherte der deutschen Wirtschaft auf Jahre hinaus einen erheblichen Vorsprung.

Es führte eine für das ganze reich einheitlich zuständige Patentbehörde ein, das Reichspatentamt. Die Möglichkeit, seine Erfindung traotz Patenterteilung geheimzuhalten, war dem Erfinder endgültig genommen. Damit war eine der wichtigsten, sich aus der volkswirtschaftlichen Theorie von Siemens ergebenden Forderungen verwirklicht. An weiteren wichtigen bereits früher von Werner von Siemens geforderten Einrichtungen waren eingeführt: Die verlängerung der Schutzdauer auf 17 Jahre; die allein nach technischen und rechtlichen Gesichtspunkten durch das Reichspatentamt, wenn auch in anderer Form, als sie Werner von Siemens vorgeschwebt hatte; die Beteiligung des Anmelders am Prüfungsverfahren und vor allen Dingen diejenige der Öffentlichkeit im Wege des Aufgebotverfahrens; der Grundsatz der steigenden Jahresgebühren.

The following section of this paper, might have been influenced by the new "German Patent-Legislation" of (1936 - 1945), AOB.

Andere nicht minder wichtige Gesichtspunkte hatten darin allerdings keinen Ausdruck gefunden. Sie haben bei allen späteren Reformen des Gesetzes im Vordergrund der Erörterungen gestanden und sind zum teil erst durch das neue Deutsche Patentgesetz verwirklicht worden. Es seien nur folgende, für die Auffassung von Werner von Siemens über das Wesen der Erfindungsschutzes wichtigen Punkte erwähnt: Werner von Siemens hatte stets entschieden die Vorstellung bekämpft, daß das Patent die Erfindung während des dauer des Patentschutzes monopolisieren solle. Deshalb war auf sein Betreiben in die gesetzeintwürfe von 1872 und 1875 eine Bestimmung aufgenommen worden, wonach der Patentinhaber nach Ablauf von fünf Jahren zur Lizenzgewährung an jedermann, der es verlangt, verpflichtet sein sollte, wenn er selbst den Gegenstand des Patentes nicht genügend ausführt. Diese Bestimmung erschien ihm der Allgemeinheit, vor allem aber auch dem Erfinder, erhebliche Vorteile zu gewähren. Durch eine solche Bestimmung, meinte er, "wird der Erfinder darauf hingewiesen, das ihm erteilte Recht durch möglichst ausgedehnte Lizenzerteilung auszunutzen, statt wie bisher das selbe zum öffentlichen Nachteile und zum eigenen Schaden zu monopolisieren". Gerade diese Bestimmung hat ihn damals heftigen Angriffen ausgesetzt. Seine Zeitgenossen waren von eigensüchtigeren Beweggründen geleitet als er, dem es im wesentlichen darauf ankam, die praktische technische Entwicklung in Deutschland vorwärts zu bringen. Erst das neue Deutsche Patentgesetz hat in der Bestimmung des § 14, der von dem Rechtsinstitut der Lizenzbereitschaft handelt, diesen Gedanken, wenn auch in etwas anderer Form, verwirklicht.

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...Das Patentgesetz von 1877 erwähnte den Erfinder ebensowenig wie das Patentgesetz von 1891, das durch die Neureglung vom 5. Mai 1936 außer Kraft gesetzt wird, man darf mit Recht darin einen der größten Mängel beider Gesetzte sehen. Erst das neue Gesetz beseitigt diesen Fehler. Es räumt dem Erfinder die ihm gebührende Stellung ein.

 

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